AUSGABE: Juni - August 2017

Elektrofahrzeuge auf Ibiza und Formentera

Von Jinny Throup
Es mag überraschend sein, aber die ersten Elektroautos wurden bereits in den 1880er Jahren produziert. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren sie beliebte Transportmittel, erst als Verbrennungsmaschinen in Mode kamen und man mit der Massenproduktion der preiswerteren Benziner begann, ging die Nutzung von Elektroautos zurück. Ein Jahrhundert später stehen wir vor der großen Herausforderung, Luftverschmutzung und Treibhauseffekt zu reduzieren. Zudem ist die Preispolitik und Moral der Ölindustrie unberechenbar und zweifelhaft, auch aus diesem Grund sind Elektroautos für viele Menschen eine interessante Alternative. Weltweit bieten Regierungen Subventionen und Steuerermäßigungen an, um die Nutzung von Elektroautos zu intensivieren. Und wie ist die Situation auf Ibiza?

Direkt vor unserer Haustür wurde im vergangenen Jahr auf Ibizas Schwesterinsel Formentera ein europäisches Pilotprojekt angeschoben, das sich zum Ziel gesetzt hat, traditionelle Fahrzeuge vollständig zu eliminieren und den Gebrauch von Elektroautos zu etablieren. So erhielt die Tourismusbehörde der Insel sechs E-Meharis, die vom Autohersteller Citroën gestiftet wurden, um die Nutzung von Elektrofahrzeugen zu potenzieren. Mit nur 85 Quadratkilometern ist Formentera der perfekte Platz für ein solches Experiment, denn je nach Modell haben Elektro-Autos derzeit eine Reichweite von 150 bis 250 Kilometern, danach muss die Batterie aufgeladen werden. Dies bedeutet, dass man die Insel mehrfach durchqueren kann, bevor man an der Ladestation vorfahren muss. Würde man komplett auf Elektroautos umstellen, wäre auch das logistische Problem gelöst, den Treibstoff mit Öltankern auf die Insel zu bringen.


Für eine kleine Insel wie Formentera erscheint diese Initiative vielversprechend und umsetzbar, aber wie sieht es auf Ibiza aus? Gibt es Pläne, die elektrische Mobilität zu fördern? Ibicasa sprach mit Todd Kolod, einem Experten für Elektrofahrzeuge. Obwohl die richtige Richtung schon eingeschlagen wurde, geht er davon aus, dass es auf Ibiza noch dauern wird, bis die Insel mit Formentera gleichziehen kann. Auf unserer Schwesterinsel gibt es bereits 14 Ladestationen, und in den nächsten zwei Jahren könnte sich diese Zahl sogar verdreifachen, denn Hoteliers und Tourismusunternehmen erhalten Steuerermäßigungen, wenn sie Ladestationen einrichten. Auf Ibiza hingegen gibt es nur eine limitierte Anzahl an Stationen, die sich auf Ibiza-Stadt, Santa Eulalia und San Juan verteilen. Allerdings existieren bereits Pläne, die zur Verbesserung der Situation beitragen sollen. Der Inselrat will in allen fünf Gemeinden elf kostenlose Ladestationen installieren. Dieser Service wird gratis sein, da die Ladestationen mit Solarzellen und nur mit umweltfreundlicher Sonnenenergie betrieben werden. Dies wird ein großer Fortschritt sein, denn an den bisherigen Ladestationen gibt es derzeit nur Strom, der auf der Basis von fossilen Brennstoffen produziert wird.

Trotz der noch fehlenden Ladestationen gibt es auf Ibiza eine relativ große Anzahl an Elektrofahrzeugen, darunter Pkw, Motorräder, Skooter sowie einige elektrisch betriebene Segelboote. Todd selbst fährt einen Elektroskooter, und aus Erfahrung weiß er, dass sich das Fahrgefühl eines Elektrofahrzeugs von dem eines konventionellen Modells etwas unterscheidet. Positiv ist, dass Elektrofahrzeuge leicht zu bedienende Automatikgetriebe haben und schnell beschleunigen. Zudem sind die Motoren der Elektrofahrzeuge leiser und geschmeidiger als die konventionellen. Dies könnte Fußgänger erschrecken, da sie daran gewöhnt sind, sich nähernde Fahrzeuge zu hören. Aber Elektrofahrzeuge machen kaum Geräusche, die Fußgänger vorwarnen würden. Deshalb müssen Besitzer von Elektrofahrzeugen auf Parkplätzen und Fußgängerüberwegen besonders aufmerksam sein.


Die größten Nachteile der aktuellen Elektrofahrzeuge sind die Lebensdauer der Batterie und die Ladesituation. Wie oben bereits erwähnt, haben Elektrofahrzeuge eine Reichweite von etwa 200 Kilometern, bevor sie aufgeladen werden müssen. Allerdings gibt es auch diesbezüglich Fortschritte: So wurde die Kapazität der Batterien erhöht und deren Gewicht reduziert. Das Aufladen der Batterie ist ziemlich einfach, wenn man in einem Haus mit Garage lebt. Man steckt einfach jeden Tag den Stecker in die Dose. Diejenigen, die keine Garage haben oder unterwegs sind, sind allerdings auf Ladestationen angewiesen. Die Batterie vollständig aufzuladen, dauert momentan vier bis 15 Stunden, und etwa 30 Minuten, um sicher nach Hause zu kommen. Das ist immer noch weitaus umständlicher und zeitaufwendiger, als den Tank eines konventionellen Fahrzeugs mit Treibstoff zu füllen. Aber auch in diesem Bereich verändert sich die Technologie, schnellere Ladestationen werden entwickelt. In den USA hat das Unternehmen Tesla von Elon Musk voller Enthusiasmus damit begonnen, Ladestationen zu installieren. Tesla baut überall in den USA potente Super-Ladestationen, und es ist geplant, dies auch in der restlichen Welt zu tun. Diese Ladestationen werden mit Solarenergie betrieben und zehnmal schneller sein als aktuelle Modelle. Eine weitere Möglichkeit sind Austauschbatterien, die man anschließen kann, sobald eine Batterie leer ist.

Durch diese Verbesserungen wird das Fahren eines Elektrofahrzeugs immer praktischer. Die Inselregierung ist sich dieses Trends bewusst und sie ermutigt die Bürger, auf Stromer umzusteigen. Deren Besitzer können in ihren Gemeinden Karten bekommen, die sie berechtigen, alle Ladestationen der Insel kostenlos zu nutzen. Und ab Ende 2017 dürfen alle hundertprozentigen Elektrofahrzeuge gratis in den Blauen Zonen parken. Todd hofft darauf, dass auch die Autovermietungen damit beginnen, Elektrofahrzeuge anzubieten. „Momentan hat nur Ibiza Green Car zehn dieser Autos im Programm, aber sobald größere Unternehmen einsteigen, würde sich die Situation enorm verbessern“, sagt er. Ein weiterer Vorteil wäre, dass die Autovermieter ihre Elektrofahrzeuge am Ende jeder Saison zu einem bezahlbaren Preis an die Bürger verkaufen würden. Dadurch würde sich die Anzahl der Elektrofahrzeuge erheblich erhöhen. Todd hat übrigens gerade einen gebrauchten Renault Zoe von Ibiza Green Car gekauft, und wer weiß, vielleicht ist das der Beginn eines Trends. Sein Wagen ist von 2014 und läuft 160 Kilometer, bevor er aufgeladen werden muss. Das Modell Renault Zoe 2017 kann bereits 300 Kilometer zurücklegen. Es geht voran! Todd würde es begrüßen, wenn auch im öffentlichen Transportwesen Elek-trofahrzeuge einzögen, denn in Spanien werden bereits Elektrobusse produziert. Elektrofahrzeuge sind eindeutig die Musik der Zukunft, auch auf Ibiza.


Weitere aktuelle Informationen gibt es auf Todds Facebook-Seite: Vehículos Eléctricos de Ibiza / Electric Vehicles of Ibiza. •